Verhalte Dich unauffällig und Dein Geheimnis bleibt gewahrt
Neue Arten sind für Amphibien-Forscher Tagesgeschäft, jährlich kommen 100 bis 200 hinzu. Taxonomische Entdeckungen auf höheren systematischen Ebenen sind dagegen deutlich seltener. Eine Überraschung brachte die Erforschung der afrikanischen Stromschnellenfrösche. Deren Arten sind äußerlich sehr ähnlich, sie besiedeln, wie ihr Name andeutet, Wasserfälle und Stromschnellen in den Regenwäldern Afrikas. Die einzige westafrikanische Art wurde erstmals vor über einem Jahrhundert von einem Militärarzt im heutigen Sierra Leone gesammelt. 1905 beschrieb sie George A. Boulenger vom Naturhistorischen Museum London als Petropedetes natator und ordnete sie den zentralafrikanischen Arten zu. 1984 vermutete der Zoologe Jean-Louis Amiet eine Sonderstellung dieser Art, was er jedoch lediglich in einer kurzen Fußnote vermerkte. Zuletzt wurde die Art in wissenschaftlichen Studien eher vernachlässigt und ihr Potenzial verkannt.
Vor kurzem sorgte die Klärung der Verwandtschaftsverhältnisse afrikanischer Stromschnellenfrösche im Rahmen meiner Dissertation für Wirbel! Nicht nur, dass bis dato unbeschriebene Arten aufgedeckt wurden, es zeigte sich auch, dass Arten aus West-, Zentral- und Ostafrika jeweils in eigenständige Gattungen gestellt werden müssen. Somit wurde Amiets Annahme bestätigt und für westafrikanische Stromschnellenfrösche die neue Gattung Odontobatrachus aufgestellt. Der Name verweist auf einzigartige zahnartige Ausbildungen im Ober- und große fangzahnartige Fortsätze im Unterkiefer. Hinter diesen unscheinbaren Fröschen verbarg sich jedoch noch mehr. Die bislang einzige wissenschaftlich bekannte Art stellte völlig unerwartet nicht nur eine eigene Gattung, sondern sogar eine eigenständige Froschfamilie dar; inzwischen als Odontobatrachidae beschrieben. Letzte gemeinsame Vorfahren mit heutigen Fröschen gehen auf die Kreidezeit vor 90 Millionen Jahren zurück, als noch Dinosaurier auf der Erde lebten!
Die allerersten Sammlungsexemplare aus Sierra Leone sind für einige moderne Forschungsansätze nicht immer geeignet. So wurden jüngere Sammlungsbelege des Museums für genetische Analysen und CT-Scans herangezogen, was schließlich zur Entdeckung der neuen Froschfamilie führte.
Wer einen dieser unauffälligen Frösche sieht sollte wissen, dass hier eine einzigartige Linie in der Evolution der Froschlurche vielleicht nur versucht, sich unsichtbar zu machen und nicht weiter aufzufallen…
- Letzte gemeinsame Vorfahren dieses Zahnfrosches mit heutigen Fröschen gehen auf die Kreidezeit zurück, als noch Dinosaurier auf der Erde lebten.
- Bei diesem Aufhellungspräparat erkennt man die außergewöhnlichen, zahnartigen Fortsätze, die diesen Fröschen ihren neuen Namen gaben.
- Auf dieser CT-Aufnahme erkennt man sowohl die zahnartigen Ausbildungen im Oberkiefer als auch die großen, fangzahnartigen Fortsätze im Unterkiefer (Aufnahme: Kristin Mahlow, MfN)
- Zahnfrösche leben an Wasserfällen und Stromschnellen in den Regenwäldern Westafrikas.
- Dieser Zahnfrosch stammt aus dem gebirgigen Norden Liberias.
- Das Aufhellungspräparat zeigt die Knochenstrukturen eines Zahnfrosches.