Schnabeligel in der Lehre
Auf den ersten Blick sieht „MO 37″ eher unscheinbar aus. Es sind Haare zu sehen auf einem Körper mit einem runden Gebilde, links und rechts davon zwei Anhänge – zusammen in Flüssigkeit konserviert. Erst das Etikett verrät dem Kundigen, dass es sich um Echidna handelt, den australischen Schnabeligel Tachyglossus aculeatus oder zumindest um einen Teil davon.
Das Präparat zeigt die „pouch area″, also den Brutbeutel des weiblichen Tieres, mit einem Ei darin. Diese Hautpartie aus der Bauchseite wurde mitsamt Ei und den innenliegenden Milchdrüsen herauspräpariert. Diese sind links und rechts des Oberflächenpräparats in der Tiefe zu sehen. An der Art der Präparation ist erkennbar, dass das Objekt für Schauzwecke angefertigt wurde, verdeutlicht es doch diese Besonderheit der Schnabeligel, die zu den eierlegenden Säugetieren gehören. Wie dieser Name bereits sagt, legen diese Tiere Eier und ernähren die geschlüpften Jungtiere mit Muttermilch.
Das Schaupräparat stammt aus der Sammlung von James Peter Hill, der – zuletzt als Professor am University College in London – die Entwicklung der Monotremen, der eierlegenden Säugetiere, erforschte. In eigenen Expeditionen sammelte er Exemplare, aber auch andere Quellen speisten seine Sammlung, die heute einen der Hauptbestandteile der Embryologischen Sammlung des Berliner Naturkundemuseums darstellt.
Entscheidende Hinweise für die Zuordnung des Präparates lieferte eine Karteikarte mit Notizen von Hill zu Diapositiven, die er vermutlich in der Lehre einsetzte. Auf einer davon ist das Präparat abgebildet mitsamt der bislang unbekannten Sammelnummer („U″) und dem Sammeldatum (15. September 1900). Anhand dieser Angaben und mit Hilfe weiterer Dokumente ließ sich jetzt rekonstruieren, dass das Tier am 7. September 1900 von J. Hartie in Creal Bay (Australien) lebend gefangen und zusammen mit zwei männlichen Tieren an Hill geschickt wurde, der damals an der Universität in Sydney lehrte. Beim Öffnen der Transportkiste wurde ein neu gelegtes Ei entdeckt. Der entnommene Embryo diente als Grundlage für separate Untersuchungen zu den Hirnnerven eierlegender Säugetiere. Hill verfasste dazu ein etwa fünfzigseitiges, unvollendetes Manuskript, das bis heute nicht veröffentlicht wurde. Teile des Embryos, des Eies und des Muttertieres sind ebenfalls in der Embryologischen Sammlung erhalten.
- Dieses Schaupräparat zur Reproduktionsbiologie eines weiblichen Schnabeligels wird in der Lehre eingesetzt
- Schaupräparat zur Reproduktionsbiologie eines weiblichen Schnabeligels, Zu sehen ist der Brutbeutel mit Ei.
- James Peter Hill verfasste anhand des Präparats ein Manuskript zu den Hirnnerven eierlegender Säugetiere. Es blieb unvollendet und unveröffentlicht.
- James Peter Hills unveröffentlichtes Manuskript zu den Hirnnerven eierlegender Säugetiere umfasst rund 50 Seiten
- Karteikarten mit Notizen von James Peter Hill zu Diapositiven, die er vermutlich in der Lehre einsetzte. Erst durch diese Karte des Schnabeligels konnte das Präparat zugeordnet werden