Ou, Psittirostra psittacea von James Cook gesammelt

Schicksalsgenossen: Cooks Ou

von Frank Steinheimer

Wenn schon der Name „Ou“ nichts weiter verrät, dann doch „Cook“ – James Cook, wohl bemerkt. Mit dem Weltumsegler und Entdecker verbindet den kleinen Ou, ein grünliches Vöglein mit gelbem Kopf, vor allem eines: das tragische Ende auf Hawaii. Denn das Exemplar von Psittirostra psittacea wurde zwischen dem 24. und 27. Januar 1779 nahe der Bucht von Kealakekua von Cooks Mannschaft entdeckt, gefangen, getötet und präpariert. Knapp drei Wochen später erging es dem Kapitän am selben Ort nicht anders: Cook wurde von Einheimischen ermordet und Teile von ihm als Kultobjekte präpariert. Während Cooks Brustkorb einige Tage später skelettiert vorlag, wurde der Vogelbalg durch Mumifizierung haltbar gemacht. Der frisch getötete Vogel kam in einen kleinen Ofen zum Trocknen – und fertig war die Präparation. Die Drähte im Innern, gut erkennbar auf einem Röntgenbild, wurden erst in England im Jahr 1780 durch einen Präparator eingezogen, um das Präparat aufstellen zu können. Bei einem zweiten Ou-Exemplar am Wiener Naturhistorischen Museum handelt es sich um eine in gleicher Weise verdrahtete Vollmumie. Beide ausgestopften Vögel saßen also einst mal zusammen auf einem Ast. Wie kam es dazu?

Earl of Sandwich, Verwandter des Pausenbrot-Erfinders und Erster Lord der Admiralität, war als Ausrichter der Expedition auch Empfänger aller nach England gebrachten Sammlungen. Er schenkte die Hawaiianischen Vögel seinem Freund Sir Ashton Lever für dessen Privatmuseum. Aus finanziellen Gründen ging das Museum in einer Lotterieveranstaltung 1786 über an James Parkinson, der es wiederum 1806 gewinnbringend per Auktion verkaufte. Das Wiener Hofmuseum erwarb zwei auf einen Ast montierte Ous. Ein Exemplar wurde sogleich weiterverkauft an William Bullock, einen Liverpooler Goldschmied. Dieser musste sein Privatmuseum ebenfalls ein paar Jahre später per Auktion veräußern, wodurch letztendlich Martin Hinrich Lichtenstein 1819 das Ou-Exemplar für das Zoologische Museum in Berlin erwerben konnte. Auf dem Etikett findet sich nur noch Bullock als Herkunftsnachweis. Erst durch Archivrecherchen konnte die bewegte Erwerbungsgeschichte dieses bedeutenden Exemplars rekonstruiert werden. Denn Cooks Ous bilden den ersten Nachweis der Art weltweit und sind als sogenannte Typusexemplare die Grundlage der zoologischen Namensgebung. Der Berliner Ou ist zudem einer der letzten Zeugen einer Art, die seit 1989 als nicht mehr nachgewiesen gilt.