Um ein solch kleines Tier wie diese Raubfliege scharf abbilden zu können, wurden für dieses Bild viele einzelne Aufnahmen übereinander gelegt.

Portrait einer Raubfliege

von Bernhard Schurian

Eine Raubfliege zu portraitieren, ist eine echte Herausforderung. Seit 2013 werden Insektenkästen am Museum für Naturkunde hochauflösend gescannt und dann ins Internet gestellt (http://digicoll.info/). Dabei kommen Tiere mit faszinierenden Erscheinungsformen ans Tageslicht. Jeden Tag wandern neue Kästen ins Netz, und jeden Tag sind wir, die die Kästen scannen, erstaunt über die Vielfalt des Gesammelten. Die Kästen, die beim Digitalisieren durch unsere Hände gehen, durchforsten wir auch unter ästhetischen Gesichtspunkten und nach Unterschiedlichkeit der Insekten.

Beim Digitalisieren haben mich die Fliegen mit ihrer großen Varietät besonders beeindruckt. Mit ihren großen Facettenaugen wirken sie sehr fremd. Mir kam die Idee, besonders auffällige oder interessante Tiere dieser Gruppe zu portraitieren, ihnen so eine individuelle Bedeutung zu geben, sie zu personifizieren.

Zum Portraitieren wählte ich zunächst die Raubfliegen (Asilidae), die hier am Museum für Naturkunde mit etwa 1250 Arten vertreten sind. Raubfliegen ernähren sich vor allem von anderen Insekten, die sie im Flug jagen. Die Beute wird mit den Beinen gefangen, in die Zange genommen und mit einem Stechrüssel ausgesaugt. Raubfliegen haben einen sehr markanten Kopf und häufig Borsten, die wie ein Bart erscheinen. Selbst bei der gleichen Art sind manche Individuen unterschiedlich, weshalb sie besonders für Portraits geeignet sind. Das abgebildete Exemplar stammt aus West Papua und gehört zur Art Maira splendida.

Mit der Fotografie von Insekten, bzw. mit der Makrofotografie insgesamt, verband man bisher einen extrem kleinen Schärfebereich. Darunter versteht man, dass nur eine begrenzte Ebene des Bildes scharf abgebildet ist und der Rest in Unschärfe verschwimmt. Bei komplett scharf abgebildeten Objekten denken wir daher an etwas Großes – z.B. ein Haus.

Bei den Portraits kommt eine revolutionäre fotografische Technik zur Hilfe – das Stacking. Dabei werden verschiedene Aufnahmen übereinander gelegt. Damit können Objekte von einigen Millimetern Größe in ganzer Tiefe scharf abgebildet werden, wodurch sie in unserer Sehgewohnheit als größer erscheinen, quasi „auf gleicher Höhe“. Mit der neuen Technik entsteht eine Parallele zu traditionellen Portraits, bei denen zumindest der Kopf scharf abgebildet wird. Auf diese Weise kommt die Raubfliege nun groß raus.