Pfui, die Fische stinken ja alle!
Das könnte der Missionar Cristoph Samuel John im 18. Jahrhundert in Tranquebar, Ostindien, gesagt haben, als er entdeckte, dass über 100 mühsam präparierte Fische nach längerer Lagerungszeit verfault waren. Wie kam es dazu?
Als ich von den zerstörten Fischproben in einer Veröffentlichung von Marcus Elieser Bloch, eines meiner Vorfahren, las, wurde mir bewusst, was für eine große Arbeit der Missionar sich gemacht hatte, um in Ostindien gefangene Fische seinem Freund nach Deutschland zu schicken. Bloch war einer der ersten jüdischen Ärzte in Berlin und zugleich der erste, der sich in umfassender Weise damit befasste, Fische wissenschaftlich zu systematisieren. Der erhaltene Teil seiner berühmten Sammlung befindet sich im Berliner Naturkundemuseum und als ich die Möglichkeit hatte, Pate einiger Stücke der Sammlung zu werden, habe ich sehr gerne zugesagt.
Doch ohne die Anstrengungen von Helfern wie dem Missionar in Indien und das von ihm konservierte und nach Berlin gesandte Material hätte auch Bloch nicht forschen können. Dieses, von Bloch tumbil genannte Exemplar gehört zu den wenigen, die John erfolgreich der verwesenden Hitze entziehen konnte. Er berichtet in einem Brief: „binnen drei Tagen war Alles faul und Kosten und Mühe verloren. Nichts blieb mir also übrig, als sie in Gläser zu setzen, die hier selten zu haben sind, noch seltener sind Korke. Aber auch hier verunglückten viele, wenn ich nicht 3 bis 4 mal neuen Spiritus und Arrak aufgoß.“ Das Problem mit dem hochprozentigen Arrak hatte John bei diesem Fisch nicht, denn er wurde höchstwahrscheinlich bereits als Trockenpräparat verschifft. Auch das allerdings blieb bei den damaligen Reisezeiten nicht ohne Risiko. So vermerkt Bloch in einem Brief an den Missionar: Ihr “Schreiben vom 14. Nov 1789 erhielt ich erst vor wenigen Tagen mit einem dänischen Kompanieschiffe, welches 17 Monate unterwegs war.“ Nicht zu vergessen: Es gab damals nur Segelschiffe, keinen Suezkanal, viele Seeräuber und Kriege.
Umso erstaunlicher, dass immerhin 50 Fischpräparate bis nach Berlin gelangten. Hier wurden sie von Bloch untersucht, zugeordnet und – wie auch der Salmo (Saurida) tumbil – als neue Art veröffentlicht. Die zeitintensive schwierige Vorbereitung wissenschaftlicher Arbeit, die oft gar nicht zur Kenntnis genommen wird, hat mich sehr beeindruckt und veranlasst, diese Notiz zu schreiben.
Wer hier eine “Dicke Lippe riskiert” lesen Sie in dieser Geschichte über einen anderen Bloch-Fisch!
- Die tiefe Kieferspalte ist charakteristisch für den Fisch, der darum auch Eidechsenfisch, Fratzenkopf oder Grinsegesicht genannt wird.
- Das große Maul ist gespickt von scharfen Zähnchen. Dennoch ist der Tumbil ein guter Speisefisch.
- Im Verbund mit anderen getrockneten Fischen wird der Tumbil in diesem verglasten Holzschrank aufbewahrt.
- Das rote Etikett zeigt an, dass anhand dieses Exemplars die Art zum erstem Mal beschrieben wurde. Sie gehört in der Ordnung der Aulopiformes zur Familie der Synodontidae (Eidechsenfische).
- Dieses Aquarell bildet die Vorlage für den Kupferstich-Druck, der die Erstveröffentlichung des Tumbils begleitete.