Einzelexemplar
Diesen so charakteristisch gezeichneten Vogel hatte damals noch niemand gesehen. Der Schweizer Ornithologe Carl Hieronymus Euler schickte dieses präparierte Exemplar daher 1870 zur Untersuchung an das damalige Zoologische Museum Berlin. Er hatte das Tier von seinem Freund Jean de Roure erhalten, der es in Muriahié am Ufer des Parahyba do Sul in Brasilien gefunden hatte. Der Kurator der Vogelsammlung in Berlin beschrieb die neu entdeckte Art und kam einem Wunsch Eulers nach – er benannte sie nach ihrem Entdecker Roure Nemosia rourei.
Lange blieb dieses Exemplar das einzige, welches jemals von dieser Art gesehen wurde, was angesichts der einzigartigen Färbung verwundert und zu vielen Diskussionen und Spekulationen führte. Ein Katalog aus den 1870er Jahren belegt, dass es einmal zwei weitere Tiere im Nationalmuseum in Rio de Janeiro gab, die allerdings nicht mehr auffindbar sind. Weil man am Fundort keine weiteren Tiere fand, wurde dieser in Zweifel gezogen. Es wurde sogar vermutet, dass es sich bei dem Berliner Exemplar um ein abnorm gefärbtes Tier handelte, dass es ein Hybrid anderer Arten sei oder dass gar der Präparator bei der Färbung nachgeholfen hatte.
Erst 1941 wieder wurden von dem deutschen Ornithologen Helmut Sick acht Exemplare dieser Art etwas nordöstlich vom ersten Fundort in der Region Espirito Santo gesehen. Danach jedoch waren die Nemosia rourei erneut verschollen. Letztlich gelang es nach einigen umstrittenen Sichtungen in den 1990er Jahren einem brasilianischen Forscherteam im Jahr 1998 die Art endgültig aufzuspüren. Nun konnte sie erforscht, fotografiert und ihre Stimme aufgezeichnet werden. Man geht heute davon aus, dass es sich bei der Art um einen Endemiten der brasilianischen atlantischen Regenwälder handelt, das heißt diese Art kam wohl schon immer nur dort und nur in geringen Individuenzahlen vor. Die Vogelschutzorganisation BirdLife International geht von einem aktuellen Bestand von 50 bis 250 Exemplaren aus, der auf einem sehr kleinen Gebiet lebt und durch die Abholzung der Wälder extrem gefährdet ist. Insofern wird das einzigartige Berliner Museumsexemplar der bedrohten Rubinkehltangare auch weiterhin das Interesse der Forscher auf sich ziehen.
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- Von ihren Knochen befreit und (oft mit Watte) ausgefüllt werden die Vogelbälge in Schubladen aufbewahrt.
- Als Typusexemplar und gleichzeitig einzige ihrer Art, liegt die Tangare allein in ‘ihrer’ Reihe.
- Durch den Trocknungsprozess zieht sich die Haut vom verhornten Schnabel zurück. Die originalen Augen werden durch künstliche aus Glas ersetzt.