Die Ich weiß nicht-Eidechse
Streit gehört zum wissenschaftlichen Arbeiten und gibt oft wertvolle Einblicke in die Prozesse, durch die Wissen entsteht. Eine merkwürdige Auseinandersetzung entbrannte in den 1860er Jahren um eine etwa 70 Zentimeter lange, schwarz-braune Eidechse mit gelblichen Streifen an der Seite – eine Felsenschildeidechse (Gerrhosaurus robustus). Der Zoologe und spätere Direktor des Zoologischen Museums in Berlin, Wilhelm Peters, sammelte zwei Exemplare dieser Art in Afrika. Sie wurden ihm in den 1840er Jahren von einheimischen Assistenten während einer Forschungsreise durch das Gebiet des heutigen Mosambik übergegeben. Nachdem Peters sie getötet und in Alkohol eingelegt hatte, schickte er seine Funde nach Berlin. Hier stellte sich heraus, dass es sich um eine bisher unbekannte Art handelte. Bei seiner Erstbeschreibung gab Peters an, die Eidechse sei bei den Einheimischen unter dem Namen Caaiia bekannt.
Einige Jahre später reiste der schottische Zoologe John Kirk durch Südost-Afrika und sammelte ebenfalls ein Exemplar der Felsenschildeidechse. Nachdem er sich mit der Art auseinandergesetzt hatte, machte Kirk sich über Peters lustig. Er behauptete, Caaiia bedeute in der lokalen afrikanischen Sprache nichts weiter als „ich weiss nicht“. Dies sei wohl die Antwort gewesen, die Peters erhalten habe, als er die Einheimischen nach dem Namen der Eidechse gefragt habe.
Peters war entrüstet. In der Zeitschrift Proceedings of the Zoological Society of London versicherte er, dass er seine Informanten persönlich gekannt und sehr gut verstanden habe und dass er die ihm gegebenen Hinweise durch mehrere Quellen habe verifizieren lassen. Und da Gegenwehr die beste Verteidigung ist, holte Peters seinerseits zum Schlag aus: Kirk habe selbst Unwahrheiten über die scheue Eidechse verbreitet. Er behaupte nämlich, sie dringe in Ställe ein, um Hühner zu fressen. In Wirklichkeit jedoch sei ihr Körperbau „weder dazu geeignet, Hühner zu töten, noch zu verzehren“. Dieser eigentlich lächerliche Streit zeigt, wie wichtig Mitte des 19. Jahrhunderts die Glaubwürdigkeit der in fernen Ländern gesammelten Informationen für den Ruf eines Wissenschaftlers war. Durch Kirks Behauptungen stand nicht nur Peters Ruf als Feldforscher, sondern seine ganze wissenschaftliche Autorität auf dem Spiel.
Ebenfalls eine problematische Identifizierung ist Thema in Dicke Lippe riskiert.
- Felsenschildeidechse Gerrhosaurus robustus, gesammelt von Peters im heutigen Mosambik
- Felsenschildeidechse Gerrhosaurus robustus, gesammelt von Peters im heutigen Mosambik
- Felsenschildeidechse Gerrhosaurus robustus, gesammelt von Peters im heutigen Mosambik